Angeschaut: Samsung Gear VR

Ich gestehe: ich kann mich über neue Technik freuen wie ein kleines Kind über seine Weihnachtsgeschenke. Zugegeben, bei miesen Produkten kann ich auch genauso grantig sein wie ein kleines Kind 😉 . Das ist bei meiner jüngsten Neuanschaffung aber glücklicherweise gar nicht nötig, denn Samsung scheint sich bei der Gear VR tatsächlich einige Gedanken gemacht zu haben. Hilfreich war aber sicherlich auch die Kooperation mit Oculus VR..

GearVR

Samsung Gear VR im Selbstversuch

Bei der Gear VR handelt es sich um ein Gestell für das Smartphone (unterstützt werden aber nur die Geräte der Galaxy-S6-Serie wie das Galaxy S6 und das S6 edge sowie das Note 5), was es gedanklich erst einmal in die Nähe von Googles Cardboard VR und Plastikgestellen wie der Durovis Dive bringt. Das Mittendrin-Gefühl ist bei Samsungs Lösung aber deutlich stärker vorhanden als bei den meist mit minderwertigen Linsen ausgestatteten wackeligen Konstrukten.

Nach der Installation der Oculus-App wird das Smartphone einfach in die Brille gesteckt – in einen Micro-USB-Anschluss genauer gesagt. Über diesen nimmt das Headset Kontakt zum Telefon auf, neben der Datenübertragung werden die zusätzlichen Sensoren der Gear VR über das Smartphone mit Strom versorgt. Zusammen mit den hochauflösenden Displays der Galaxy-S6-Telefone und der vergleichsweise hohen Rechenleistung der Smartphones ergibt sich so eine praktische VR-Brille.

Bereits das Auswahlmenü wird mit einer hübschen 360-Grad-Optik präsentiert, ich kann den Blick von den installierten Apps abwenden und mich in einem gigantisch wirkenden Raum umschauen. Die Grafik reagiert zügig und zuverlässig auf meine Kopfbewegungen und auch der gefürchtete „Fliegengittereffekt“ (durch den sehr nahen Blick auf das Display treten die einzelnen Pixelkanten in den Vordergrund, so dass das Bild wirkt, wie durch ein Fliegengitter betrachtet) fällt erstaunlich gering aus. Kein Wunder, bietet das Galaxy S6 doch eine Auflösung von 2560 x 1440 Bildpunkten und damit sogar ein paar Pixel mehr als die für 2016 angekündigten PC-VR-Lösungen Oculus Rift und HTC Vive. Sonys Playstation VR löst sogar nur mit 1920 x 1080 Pixeln auf.

Als erste Anwendung kaufe ich mir, neugierig von früheren Tests der Oculus Rift und des dort erscheinenden Eve: Valkyre, den Shooter Eve: Gunjack. Und wow, schon das Intro ist beeindruckend. Ich schwebe durch den Weltraum, sehe Asteroiden und bewege mich wie auf Schienen durch ein Erz-Abbaustation. Nach der Wahl einer Mission besteigt mein VR-Alter-Ego einen Geschützturm und ich bin versucht, die Armbewegungen meiner Spielfigur mit meinen Armen nachzumachen. Ein Blick nach unten: Meine Beine tragen plötzlich einen Schutzanzug. Ah, das sind ja gar nicht meine echten Beine, puh..

Das Spiel selbst ist ein eher simpler Turret-Shooter, der aber durch sein tolles Mittendringefühl und eine für Smartphoneverhältnisse sensationelle Grafik überzeugt.

Gesteuert wird bei der Gear VR übrigens nicht nur per Kopfbewegung. Seitlich befindet sich auch ein Touchpad, mit dem Auswahlen getroffen und gescrollt werden kann. Dazu gibt es einen Lautstärkeregler (und eine Aussparung am Headset, so dass Kopfhörer ins Telefon gesteckt werden können) und einen Zurück-Knopf. Das reicht tatsächlich aus, um auch in der VR stressfrei navigieren zu können. Einige Spiele fordern aber zusätzliche Investitionen, beispielsweise in ein Bluetooth-Gamepad. Gerade Action-Adventures aus der 3rd-Person-Perspektive sind in der VR sehr beeindruckend und gut spielbar.

Wer nicht zocken mag, kann sich auch entspannen. Es stehen unzählige 360-Grad-Videos beispielsweise bei Youtube zur Verfügung. Filmfirmen beginnen, Trailer in der VR zu realisieren – besonders beeindruckend ist der Avengers-Trailer, bei dem man als Iron Man durch eine Kampfszene schwebt und Hulk, Captain America und Thor in Zeitlupe beim Kämpfen zuschauen kann. Wenn so ein Hammer an einem vorbeifliegt, duckt man sich instinktiv, das Mittendringefühl ist gigantisch und beeindruckend.

Auch Netflix hat den Trend erkannt und bietet für die Gear VR eine App an, mit der sich das Netflix-Programm auf einem gigantischen virtuellen Fernseher ansehen lässt. Dieser steht zudem in einem hübsch eingerichteten Wohnzimmer, man sitzt also als Zuschauer auf einem 3D-Sofa und kann sogar aus dem Fenster schauen (hübsche Berglandschaft). Entgegen meiner Befürchtungen stört die Auflösung der VR-Darstellung genauso wenig wie der Fliegengittereffekt. Gerade auf langen Flügen stelle ich mir das sehr entspannt vor. Zumal Gear VR auch mit eingesetztem Smartphone recht leicht ist und sich gut tragen lässt. Problematisch ist eher der gigantische Stromverbrauch des Smartphones – allerdings muss das Ding ja auch recht viel rechnen.

Nicht ganz so entspannt ist mein S6 nach längeren VR-Sessions, mitunter wird vor Überhitzung gewarnt. Ignoriert man die Meldung, läuft die App tatsächlich spürbar langsamer. Langsam ist schlecht in der VR, reagiert der Bildaufbau nicht ausreichend schnell auf Kopfbewegungen wird VR-Nutzern schnell übel. Passt die Performance, ist Motion Sickness aber kein Problem für Gear VR – ebenfalls erstaunlich angesichts der begrenzten Hardware.

VR ist faszinierend. Aber schwer zu beschreiben, eigentlich muss man VR selbst erleben um die Begeisterung nachvollziehen zu können. Besitzer eines S6-Galaxy von Samsung können dank der mit 99 Euro recht günstigen Gear VR sehr angenehm in die kommenden Welten der virtuellen Realität reinschnuppern. VR macht schon ein wenig süchtig und dürfte nicht nur den beruflichen Alltag sondern vor allem die Freizeitbeschäftigungen in den kommenden Jahren maßgeblich verändern. Warum also nicht jetzt schon einmal reinschnuppern? Jeder Besuch, dem ich die Brille bislang aufgesetzt habe, war begeistert. Nach wenigen Sekunden zeigt sich ein verräterisches Grinsen, das meist kurz darauf in ein lautes „WOW wie geil!“ mutiert.

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